Das fragte mich in der Halbzeit meine Sitznachbarin im Berliner Olympiastadion. Die Antwort ist klar: Es ist mein Land und meine Mannschaft.
Ihre Frage verstehe ich nicht. „Einigkeit und Recht und Freiheit“ stehen wie Schwarz-Rot-Gold für die liberalen Werte eines Landes, das seine Geschichte nicht vergisst und sich seiner Verantwortung bewusst ist. So schön Fußballtrikots auch sein mögen, 2024 zur Heim-Europameisterschaft könnten sich auch wieder mehr Leute die Fahne über die Schulter werfen. Es gibt keinen Grund, sich für unsere Staatssymbole zu schämen.
Denn der beste Zeitpunkt, über die Symbole unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu reden und sie sichtbarer zu machen, ist jetzt. Weder möchte ich, dass wir sie Rechtsradikalen überlassen, noch möchte ich, dass diejenigen, die Antisemitismus und Judenhass auf den Straßen zur Schau stellen, uns nicht als wehrhaft und konsequent erleben. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung soll sichtbar sein über Symbole, und sie soll von der Polizei und Justiz durchgesetzt werden.
Besser als mit der Zeile unserer Hymne, „Des Glückes Unterpfand“, also dass sich Glück nur dann entfalten kann, wenn Einigkeit und Recht und Freiheit garantiert sind, kann man den Rahmen nicht beschreiben, den wir für Integration wie Rechtsstaatlichkeit brauchen.
Stattdessen geht es um dumpfe Pfiffe gegen Ilkay Gündogan. Lärm gegen einen bodenständigen und zurückhaltenden Gelsenkirchener, der sich von den Ruhrpott-Vereinen über den 1. FC Nürnberg seinen Weg im Profifußball erkämpft und im Sommer seine Mannschaft als Kapitän zum Champions-League-Titel geführt hat. Kein Verständnis für einen, der die Heimat seiner Familie nach der Erdbebenwelle mit wichtigen Spenden im türkisch-syrischen Grenzgebiet unterstützte.
Der Mann in der Reihe vor mir dreht sich um. Ich solle, sagt er, mir Gedanken machen, auf welcher Seite ich stehe, wenn man bald in der Mehrheit sei. „Mit all den anderen“.
Wir haben in Deutschland ein Problem. Nicht nur auf dem Platz.